Levo oder Kenevo? Welches Spezialized E-Bike ist das vermeintlich bessere? Ich wollte es genau wissen und fuhr die gleiche Runde mit den gleichen Motoreinstellungen an zwei Tagen hintereinander einmal mit meinem „alten“  Spezialized Turbo Kenevo Gen2 und einmal mit meinem neuen Spezialized Turbo Levo Gen3. Meine Hausrunde bietet auf 34km 1550HM mit 12 kurzen Downhills unterschiedlichster Art. Von langsam technisch über steil und schnell bis flowig mit überhöhten Kurven ist alles dabei.

Spezialized Levo versus Kenevo

Levo vs. Kenevo – diesmal der Vergleich am Trail

Setup + Geometriedaten

Ich fahre das neue Levo Gen3 in der Kettenstreben -Low Einstellung und mit neutraler Steuersatzlagerschale. – Spezialized Turbo Levo Comp – Geometrie Setup – So sind Tretlagerhöhe und Lenkwinkel bei beiden Bikes identisch. Das Levo hat allerdings 2cm weniger Reach und 7mm kürzere Kettenstreben; ca. 3cm weniger Radstand. Bei meinem Kenevo ist die Boxxer auf 19cm Federweg umgebaut, so sind es vorne wie hinten 3cm weniger Federweg die das Levo bietet. Der Karbonrahmen macht das Levo über einen Kilo leichter und dann wäre da noch das Levo Mullet Setup mit 29“ vorne, 27,5“ hinten versus 27,5“ vorne wie hinten beim Kenevo.

Kleiner Unterschied – spürbare Auswirkung – die Kurbellänge

Das neue Levo folgt dem Trend nach immer kürzeren Kurbeln. Damit verringert sich die Gefahr von Pedalaufsetzern, die gerade bei modernen Geometrien mit tiefen Tretlagern gerne vorkommen. An sich ein lobenswerter Trend. Beim Levo sind die Kurbeln 5mm kürzer als beim Kenevo. 160mm anstatt 165mm. Was sind die Auswirkungen, abgesehen von mehr Bodenfreiheit und etwas weniger Krafthebel?
Zuerst sitzt man einmal höher. Beim ersten Aufsitzen mit dem Geometrie Setting in High habe ich mich richtig geschreckt. Hier ist das Tretlager 6cm höher als beim Kenevo und mit den kürzeren Kurbeln sitzt man gleich einen Zentimeter höher. Das ist spürbar. Gefühlt möchte man den Vorbau höher fahren als üblich, doch Achtung: Im Stehen, bei waagrechten Pedalen ist  der vertikale Abstand Tretlager zu Lenker unverändert, weil unabhängig von der Kurbellänge. Da passt dann die Vorbauhöhe wieder. Aber eventuell ist der Sattel jetzt im Weg, da er eben, auch eingefahren, um den halben Zentimeter weiter heraussen ist. Ich werde mein Levo deshalb auf eine 190er Sattelstütze (175mm Serie beim S4) umrüsten. Wer generell lieber in der High Einstellung fährt, für den ist vielleicht sogar die 165er Kurbeln besser, da man damit mehr im Bike sitzt und eh genug Pedalfreiheit hat. Das habe ich so auch mit den 165er Kurbeln vom Kenevo getestet.

Uphillwertung

Das neue Levo klettert gut, wenn auch nicht so souverän wie das Kenevo

Geometrie

Solange die Kehren für die Doppelbrückengabel nicht zu eng werden, ist das Kenevo bergauf nicht zu schlagen. Längerer Radstand, längere Kettenstreben, kleines 27,5er Vorderrad. Beim Levo fängt das Vorderrad deutlich früher an leicht zu werden und zu tänzeln. Man muss viel mehr am Bike arbeiten um auf der Linie zu bleiben. Durch die 12fach Übersetzung hat das Levo mit einem leichteren Berggang einen Vorteil beim langsamen, energiesparendem Klettern. Dennoch:

Das besser Uphillbike ist das Kenevo!

Motor/Akku/TCU

Beide Bikes haben im Grunde den gleichen von Spezialized adaptierten Brose Motor verbaut. Im Levo in der neuesten Version mit aktuellster Software. Der Brose Motor ist nach wie vor sehr natürlich zu fahren und einer der besten Motoren am Markt. Auch wenn Bosch, Shimano und Yamaha alle sehr eng beieinander liegen. Jeder allerdings mit eigenem Charakter. – Bosch Performance CX 2020 versus Spezialized 2.1 Brose
Das Levo ist nach 2 Generationen Kenevo mein drittes Spezialized E-Bike. Wobei der Motor im Grunde immer noch derselbe ist wie beim allerersten Turbo Levo Fatty 2016. Den Vorsprung der ersten Jahre hat der Motor inzwischen eingebüßt. Bei Gewicht und Leistung ist er inzwischen nicht mehr Spitzenreiter und bei Fahrgefühl und Adaptierbarkeit via App haben die Mitbewerber gleichgezogen. Lediglich bei der Geräuschentwicklung ist der Spezialized Motor nach wie vor die Nummer eins. Aber ich denke es dauert nicht mehr lange und Spezialized wird mit einem neuen Motor wieder einmal den Weg vorgeben.

Akkuseitig haben beide Bikes den 700WH Akku verbaut. Ich bin beide Vergleichsrunden mit gleicher Unterstützung und mit gleicher Geschwindigkeit gefahren. Beim Levo waren am Ende lediglich 5% mehr Akkuladung im Tank. In Anbetracht dessen, dass mein Kenevo schon 4.000km oben hat und wir wieder ein Paar Jahre Entwicklungszeit hinter uns haben keine gute Leistung für das neue und ein Kilo leichtere Levo. Oder ein Qualitätsbeweis für den alten Akku… Nach wie vor bei beiden Bikes top ist, dass der Motor, (wie auch das gesamte Rad) bergab keine Klappergeräusche macht, wie das bei andere Marken gerne vorkommt.

Die Motorsteuerung – Mastermind TCU – ist ein großes Plus beim neuen Levo. Am kleinen Display am Oberrohr kann man sich verschiedene Daten -frei wählbar über die Mission Control App – anzeigen lassen. Dabei auch die eigene Wattleistung, Trittfrequenz, Höhenmeter, Herzfrequenz und vieles mehr. Dazu kann man auf den „Microtune“ Modus wechseln und dann die Unterstützung in 10% Schritten am Trail einstellen. Besser geht’s nicht!

Die Motorwertung gewinnt das neue Levo, aber nur knapp aufgrund der grandiosen neuen Display Lösung!

Downhillwertung

Hier kann es kein besser oder schlechter geben. Beide Bikes sind bergab super zu fahren. Die vielen unterschiedliche Downhills auf meiner Hausrunde bevorzugen einmal das Kenevo und dann wieder das Levo.

Schnell über raues Terrain – dafür ist das Kenevo gebaut

Spezialized Turbo Kenevo – der fliegende Teppich

Lange, flache Geometrie, 1kg schwerer und dann auch noch 3cm mehr Federweg. Damit liegt das Kenevo richtig satt am Trail. Wenn es schnell und ruppig wird hat das Levo keine Chance. Mit Speed lässt sich – trotz der langen Kettenstreben – auch das Vorderrad wegziehen und das Bike fühlt sich durchwegs agil an. Wird es steil und technisch gibt der tiefe Schwerpunkt Sicherheit. Der lange Reach und das kleine 27,5er Vorderrad halten die Fahrposition tief. Wegen der Länge kann auch der Vorbau tiefer gefahren werden ohne dass man Überschlagsgefühle bekommt. So kann man mit viel Gefühl und Druck am Vorderrad fahren.
Steil, schnell, rau so mag es das Kenevo und so macht das Fahren richtig Spaß. Ist der Trail allerdings flacher und/oder langsamer macht die extreme Geometrie, das Gewicht und die langen Federwege das Bike träger. Das Kenevo langweilt sich.

Technisch steil bergab – kein Problem für das neue Levo

Spezialized Turbo Levo – Universalgenie

Der Einsatzbereich beim neuen Levo ist deutlich breiter als vom Kenevo. Mit dem Bike wird es definitiv nie langweilig. Moderne, aber nicht extreme Geometrie mit kürzeren Kettenstreben, leichter, Mullet Setup. Damit ist das Levo agiler und lebendiger, und zwar schon bei geringem Tempo. Linenkorrekturen über ein angehobenes Vorderrad sind spürbar leichter, ebenso Umsetzten in Spitzkehren. Das 29er Vorderrad gibt im Steilen Sicherheit, das kleiner Hinterrad sorgt für Wendigkeit. Wird das Gelände schnell und grob limitieren die Federwege den Speed. Das Kenevo zieht davon. Da heißt es jetzt etwas Tempo rausnehmen. Wobei hier nicht die Geometrie sondern die Federwege limitierend sind. Das Levo macht auch im extremen Kenevo Terrain Spaß, auch wenn man es etwas langsamer angehen sollte. Oder man tuned das Levo federwegsseitig und verinngert so den Abstand. Mein nächstes Projekt.

In der Downhillwertung gibt es keinen Sieger!

Fazit

Michael Jentl JentlflowEffizient und schnell oder universell und spielerisch? Trotz oder gerade wegen der extremen Downhillgeometrie ist das Kenevo bergauf besser. Bergab schneller sowieso. Also klar das bessere Bike? Hängt davon ab was man will. Im Low Setting ist das Levo bergauf wie bergab nicht so weit weg, dafür agiler und spritziger zu fahren. Flache, langsamere Trails machen mit dem Levo deutlich mehr Spaß und damit ist der Einsatzbereich breiter. Kenevo oder Levo, beide Bikes haben ihre Berechtigung, keines ist besser oder schlechter. Entscheiden wird der Einsatzbereich, das zur Verfügung stehende Terrain und der Fahrertyp.