Wer sein Adventurebike auf unterschiedlichem Terrain bewegt, hat sicher schon einmal mit der Option eines zweiten Laufradsatzes geliebäugelt. Der breite Einsatzbereich von Straße bis härteres Gelände erfordert beim Reifen einen Kompromiss. Ein straßenorientierter Reifen wird im Gelände nicht die gewünschte Performance erzielen, dafür geschmeidig abrollen, bestes Handling und guten Grip auch auf nasser Straße haben. Und das bei bester Haltbarkeit. Ein Offroad geeigneter Reifen kann da nicht mit. Je mehr man in Richtung Geländereifen geht, umso schlechter dafür die Straßeneigenschaften. Hat man nur einen Laufradsatz, muss man sich für einen Kompromiss entscheiden. Wer sich den Luxus eines zweiten Laufradsatzes leistet, kann mehr in die Extreme gehen und je nach Tour die optimale Bereifung wählen.
Natürlich könnte man auch jedes Mal nur die Reifen wechseln, was ich auch die letzten Jahre so gemacht habe. Aber auch wenn man es selber zu Hause macht, ist der Aufwand größer und man überlegt es sich zweimal.

Da ich bei meinen JentlFlow Offroad Fahrtechniktrainings mit unterschiedlichen Gruppen fahre, kann ich mit zwei Radsätzen meine Bereifung schnell an das jeweilige Training anpassen. Für extremere Scoutingtouren bin ich besser gerüstet und bei mehrtägigen JentlFlow Veranstaltungen ist der zweite Radsatz im Bus ein gutes Backup. Für mich als Vielfahrer auf unterschiedlichstem Terrain ein echter Nutzen. Doch welchen Radsatz nimmt man als Zweitsatz? Den Originalen oder den Offroad orientierten Heavy Duty aus dem KTM Powerparts Programm?

Offroad Setup mit schmalen Heavy Duty Wheels und Hardendurobereifung

Die KTM Adventure 890 Originallaufräder

Die Serienlaufräder haben sehr breite Felgen. Hinten 4,5“, vorne 2,5“. Dadurch kann sich der Reifen auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten nicht auf der Felge bewegen, was für gute Kurvenstabilität sorgt. Im Gelände hat das allerdings den Nachteil, dass die Felgen von den Reifen kaum vor seitlicher Feindberührung geschützt werden. Dazu sitzen die Reifen flach und niedrig, was ebenfalls Stabilität bei Highspeed bringt, aber Offroad den Reifen wenig arbeiten lässt.

Die KTM Adventure 890er Originallaufräder funktionieren tubeless. Das heißt, es ist kein Schlauch verbaut, sondern der (spezielle Tubeless-) Reifen sitzt luftdicht auf der Felge. Dadurch können kleine Reifenschäden (mit einem Tubless Repair Kit) einfach und schnell behoben werden.  An sich eine tolle Sache, da man (grundsätzlich) keinen Reserveschlauch mitführen und bei einer Panne nicht das Rad demontieren muss.

Allerdings sollte man bei einem Reifenschaden sofort reparieren, denn wenn der Reifen ins Tiefbett rutscht, hilft nur ein starker Kompressor um das System wieder abzudichten. Dazu muss das Loch erstmal gefunden werden, was nicht immer der Fall ist. Ist der Reifen gröber beschädigt, etwa aufgeschnitten, kann der Repair Kit auch nicht mehr helfen und man hat ein gröberes Problem. Ebenso wenn die Felge beschädigt ist und nicht mehr dicht hält. Im Normaleinsatz kaum ein Thema, doch Fernreisende setzten nicht ohne Grund auf Schläuche. Die können geflickt oder ersetzt werden und es gibt mehr Spielraum bei Reifenschäden. Tipp: Ein 21″ Schlauch kann bei Tubeless Felgen die Rettung sein, wenn nichts mehr hilft. Funktioniert zur  Not auch hinten.

KTM Heavy Duty Laufradsatz

Beim D.I.D Dirt Star Laufradsatz aus dem KTM Powerparts Programm sind die Felgen deutlich schmäler als beim originalen Satz. Hinten 2,5“, vorne 1,85“. Damit ist die hintere Felge gleich breit wie die vordere Serienfelge! Gemessen sind das ca. 5cm schmäler hinten und über 2cm schmäler vorne. Konsequenz: Die Laufräder sind deutlich stabiler und die Reifen haben auf den Felgen einen anderen Querschnitt, sie stehen birnenförmiger. Dadurch ist die Felge besser vor Beschädigungen durch Felsen geschützt, wenn es zur Sache geht. Außerdem kann der Reifen dadurch mehr arbeiten, besser dämpfen und mehr Grip aufbauen.

Tubeless oder Schlauch?

Der D.I.D Heavy Duty Laufradsatz muss mit Schlauch (oder Mousse) gefahren werden. Wollte man einen zweiten Tubeless Radsatz gibt es von anderen Anbietern, z.B. Haan Wheels auch die Möglichkeit, schmale Tubeless Felgen zu ordern. Ich wollte aber aus mehreren Gründen beim Offroadlaufradsatz mit Schlauch fahren: Erstens sind, wie erwähnt, auch gröbere Reifenschäden reparierbar. Zweites ist die Auswahl an Offroadreifen größer und drittes habe ich so die Möglichkeit, angefahrene Motocross und Enduroreifen von meiner EXC zu fahren.

Präzises Kurvenverhalten Offroad mit schmalen Heavy Duty Felgen

Erste Erfahrungen mit dem KTM Heavy Duty Laufradsatz

Als Erstes montierte ich meine angefahrenen Motoz Tractinator RallZ. Das sind zwar tubeless Reifen, können aber natürlich auch mit Schlauch gefahren werden. Durch die schmalen Felgen sitzen die Reifen jetzt ganz anders. Der 150er Hinterreifen ist 2cm schmäler (an der Karkasse gemessen von 14cm auf 12cm) und auch der Vorderreifen ist einen Zentimeter schmäler. Eingebaut fällt gleich einmal auf, dass das Motorrad am Seitenständer schräger steht. Die Räder bauen nämlich auch höher, zumindest um einen Zentimeter. Meine eh schon sehr hohe 890er mit Rallyfahrwerk wird dadurch noch höher, uff.  Beim Fahren fällt sofort das deutlich bessere Handling durch die schmäleren Reifen auf. Aber auch ein etwas kippeligeres Verhalten durch den höheren Schwerpunkt.

Als zweiten Reifenversuch habe ich angefahrene Hardenduroreifen montiert. Einige Tage gefahren auf meiner KTM 350 EXC-F in Rumänien und am Motocrosstrack. An sich keine gute Wahl für die große Adventure, da die Karkasse eher weich ist und bei steinigen Untergrund unter der Last des 200kg Bikes sicher leicht Schaden nimmt. Aber mit mehr Luftdruck und Vorsicht sind sie in meinem, nicht sehr rauen Offroadrevier in Slowenien schon fahrbar. Beim Vorderreifen (Metzeler 6 Days Extreme) hat es auch im Fahreinsatz gut funktioniert, der 140er Hintereifen (Mitas EF 07 Super Light) ist allerdings für die 105PS zu schmal und tut sich schwer Traktion aufzubauen wenn man ans Gas geht. Auf der Straße (bei der Anfahrt zum Gelände) ist das Fahrverhalten erwartungsgemäß bescheiden, die Traktionskontrolle ist viel beschäftigt. Interessanter Weise hat es bei 400km keine Stollenausrisse gegeben. (bei zurückhaltender Fahrweise) Zur Zeit fahre ich mit Dunlop D908 Rally Raid Reifen. Hier passt die steife Karkasse perfekt zum hohen Gewicht des Zweizylinders. Dennoch ist die Gummimischung nicht so hart wie beim Motoz Tractionator RallyZ und der Hinterreifen ist auch als breiter 150er verfügbar. Gute Voraussetzungen für einen stabilen, haltbaren und dennoch offroadtauglichen Adventurebikereifen. Bericht dazu – Dunlop D908 Rally Raid im JentlFlow Test – und – KTM Adventure 890 – Offroadreifen für die Bosnia Rally

Fazit

Michael Jentl JentlflowWer viel fährt, und das auf unterschiedlichem Terrain, wird den zweiten Laufradsatz lieben. In 10min ist das Adventurebike von der Straßentour für das Offroadabenteuer umgebaut. Ich habe mich für den KTM Powerparts Heavy Duty Laufradsatz mit schmäleren Felgen entschieden. Dadurch bauen die Reifen schmäler und höher, was die Offroadeigenschaften begünstigt. Der Satz wird mit Schläuchen (oder Mousse) gefahren, wodurch eine größere Auswahl an Offroadreifen möglich wird und auch gröbere Reifenschäden behoben werden können. Absolut empfehlenswert!