Seit nun mehr 7 Jahren fahre ich Spezialized Turbo E-Bikes. Bei Spezialized steht Systemintegration und Eigenständigkeit an erster Stelle. Einen „fremden“ Motor ins eigene Bike zu pflanzen kam da nicht infrage. Und so entwickelte man mit Brose einen eigenen E-Bike Motor, den Spezialized 2.1. Der wurde über die Jahre immer weiterentwickelt zum 2.2er. Egal ob Motor, Einstellmöglichkeiten, App oder Displaylösung. Spezialized war bis 2024 die Benchmark. Der 3.1er Motor im 2025er Turbo Levo Gen 4 ist top und eine gute Weiterentwicklung. Die Benchmark ist er allerdings nicht mehr. – Mondraker Crafty R – Alternative zum Spezialized Turbo Levo Gen4 ?

Spezialized Turbo Levo Gen4 mit Spezialized 3.1 Motor – top aber nicht mehr die Benchmark

Wie wichtig ist (mir) eigentlich der Motor im E- Bike?

Mein Fokus beim Mountainbiken liegt in der Abfahrt. Technisches, spielerischen Fahren steht bei mir an erster Stelle. Ist bei der Abfahrt nicht der Motor egal? Nein, denn das Systemgewicht und auch die Gewichtsverteilung spielen beim Handling eine große Rolle. – Spezialized Turbo Levo Gen 4 Alloy Testride – Durch die Mehrleistung neuer Motoren wurden auch die Akkus größer und schwerer. 2018 waren 500 Wh normal, jetzt sind wir bei um die 800 Wh. Batterieintegration und trotzdem entnehmbar macht das Bike auch bis zu einem Kilo schwerer. Kein guter Trend, wenn man wie ich Wert auf wenig Gewicht legt.
Bosch liegt hier mit einem Systemgewicht (Motor und Akku) von 6,7 kg im guten Mittelfeld. (Spezialized 3.1: 7,6 kg, DJI Avinox: 6,2 kg)

Der Markt verlangt leicht entnehmbare Batterien und dem folgen auch die meisten Hersteller. So ist es gar nicht so einfach ein Full Power Bike mit 800 Wh und integrierter Batterie zu finden. Kann man wie ich das Bike gut im Keller laden, ohne die Batterie auszubauen, fährt man mit einem Kilo unnützen Zusatzgewicht herum.

Ein starker, gut dosierbarer Motor ist beim Winterbiken wichtig

Früher nutzte ich den Motor eigentlich nur um mir möglichst viele Downhills zu ermöglichen. – Bosch Performance CX 2020 versus Spezialized 2.1 Brose – Hinauf ging es da eher gemütlich und nicht auf steilen Singeltrails. In erster Linie lag das an den kleineren Batterien, Energeriesparen war angesagt. Die Mehrleistung der neuen Motorengeneration führte auch zu größeren Akkus. Wenn man die volle Power nur an Schlüsselstellen nutzt, kommt man jetzt deutlich weiter als das früher der Fall war. Daher baue ich jetzt in jede Runde auch E-Bike only Uphills ein. Das ermöglicht zusätzliche Trails und wieder mehr Fahrspaß.

2025 das Jahr der Powermotoren

Mit Präsentation des Avinox Systems vom chinesischen Drohnenspezialisten DJI kamen die etablierten Motorenhersteller anständig unter Druck. Bis dahin waren um die 600 Watt Spitzenleistung und 85-90 Nm Drehmoment bei Power E-Bikes üblich.

Ampflow PL Carbon

Amfow Bike mit DJI Avinox Motor – klein, leicht, kompakt und dennoch stärkster Motor am Markt

Der Ende 2024 vorgestellte Avinox Motor liefert bis zu 1000 Watt Spitzenleistung und bis zu 120 Nm Drehmoment. Das ist eine ganz andere Welt. Natürlich kam damit die Diskussion, ob und wie viel Leistung denn sinnvoll und auch sozialverträglich ist, soll das E-Bike ja nicht die gesetzliche Behandlung als Fahrrad verlieren. Inzwischen hat sich die Aufregung ein wenig gelegt. Die Bikes unterstützen ja alle nur bis 25 km/h und für Wanderer gefährlich sind im Grunde nur bergab fahrende Biker.
Die Mehrleistung bedeutet mehr Fahrspaß und mehr Möglichkeiten bei technischen Uphills. Wenn sie gut dosierbar ist. Natürlich steigt dann auch der Energiebedarf und der Akku ist schneller geleert. In der Praxis fährt man mit niederen Unterstützungsmodi und schaltet nur bei Bedarf die Leistung dazu. So sind auch große Reichweiten/höhen möglich.
2025 hat Bosch für seinen 2024 vorgestellten CX5 Motor die Leistung auf 750 Watt und das Drehmoment auf 100 Nm erhöht bzw. optional per Update am App ermöglicht. Und auch das 2025 neu vorgestellte Spezialzialized Turbo Levo Gen 4 kommt mit einem komplett neuen Motor (3.1) der ebenfalls mit deutlich erhöhten Powerwerten im Vergleich zum alten Spezialized 2.2 Motor aufwartet. (von 565 auf 666 Watt und von  90 auf 101 Nm). Damit ist der Abstand zum Aviniox nicht ganz so groß, wenn auch noch immer gegeben.

Bosch Performance CX5 – Fahreindrücke

Im Vergleich zum 2.2 Motor in meinem 4 Jahre alten Spezialized  Turbo Levo Gen3 ist der neue Bosch Motor in starken Unterstützungsmodi deutlich kräftiger. Sowohl was Drehmoment (100 Nm vs 90 Nm) als auch was Spitzenleistung (750 W vs. 565 W) anbelangt. Das bedeutet mehr Schwung in sehr steilen Anstiegen. Wer also gerne Uphill Challenges fährt, wird die Power lieben. Natürlich braucht das dann mehr Strom. Der Bosch Akku hat auch 100 Wh mehr als mein altes Levo (800 Wh vs 700 Wh). Was Stromverbrauch betrifft, ist der Bosch wirklich effizient. Ich habe die Unterstützungsstufen im unteren und mittleren Bereich gleich stark wie beim Levo Gen3 eingestellt. In diesem Bereich fahre ich 90% der Tour. Die beiden hohen Stufen sind dann spürbar stärker und helfen mir an Schlüsselstellen. In Summe komme ich so zumindest 300 HM weiter als mit dem 3er Levo.

Mondraker-Crafty-R-2025

Der Bosch CX5 im Mondraker Crafty R begeistert

Viel mehr relevant als die Kraft des Motors ist allerdings die Dynamik und der Nachlauf. Tritt man härter, bekommt man beim Bosch mehr Leistung, wenn man die entsprechenden Modi (mit dem „+“) nutzt. Dadurch ist der Motor sparsam, wenn man dann kurz Power braucht, ist die Kraft da, ohne das man schalten oder den Unterstützungsmodi erhöhen muss. Dazu ist für jeden dynamischen Modi ein eigener Nachlauf (Overrun) programmiert. Hört man zu treten auf schiebt der Motor ein wenig weiter. Je kräftiger man tritt umso mehr, speziell im neuen MTB+ Modus, der für steiles, technisches Gelände gedacht ist. Das lauft sehr natürlich ab. So hilft der Nachlauf über technische Stellen zu rollen oder mit einem Pedalkick auch über größere Stufen ohne Gefahr zu laufen mit dem Pedal aufzusetzen.

Bei Wurzelstufen hilft der Nachlauf des Motors

Auch was die Dosierbarkeit betrifft, ist der Bosch CX top. Die Traktion kann gut über den Pedaldruck gesteuert werden. Und das trotz nur einem Magnet Abnahmepunkt am Hinterrad.

Hier ist Linenwahl und ein feinfühliger Motor gefragt

In Summe gibt das ein sehr harmonisches, dynamischen Fahrgefühl. Beim Umstieg auf den alten Levo Motor fehlt dann diese Dynamik und der Nachlauf. Harmonisch fährt sich der Gen3 Motor aber schon. Dennoch der Bosch CX 5 ist dem 2.2 Spezialized Motor spürbar überlegen und rechtfertigt alleine schon den Wechsel.

Aber halt, das Spezialized Turbo Levo Gen 4 hat ja auch einen neuen Motor bekommen. Der 3.1er hat mit 666 W und 101 NM ähnliche Leistungswerte wie der Bosch CX5. Aber nicht nur von der Leistung sind die Motoren ähnlich, sondern auch was Dynamik und Nachlauf betrifft, ist Gleichstand gegeben. –  Spezialized Turbo Levo Gen 4 Alloy Testride – Ansprechverhalten und Traktionsaufbau liegen ebenfalls auf gleich hohem Niveau.

Spezialized-Turbo-Levo-Gen4

Das Spezialized Turbo Levo Gen4 – Hier in der starken S-Works Ausführung mit 720W und 111 NM näher man Avinox dran

Bei der Lautstärke brummt der alte 2.2er im Gen3 etwas mehr als der neue 3.1er im Gen4. Der CX 5 singt dafür heller bei Drehzahl. Aber bei keinem tragisch.

Bosch Performance CX5 – Displays und Bedienbarkeit

Mit dem Mastermind Display war Spezialized seit 2021 die Benchmark. Jetzt wird das wohl DJI sein. Bosch war hier immer hinterher und ist es nach wie vor. Was wird wo angezeigt und wie konfigurierbar ist das Display – das ist nicht die Stärke von Bosch. Mein 2025er Mondraker Crafty R hat das kleine Purion 400 Display verbaut, das optimal hinter dem Lenker positioniert das Nötigste anzeigt. Leider kann man auch in der Flow App nicht auswählen, was man angezeigt bekommt. Und die gefahrenen Höhenmeter werden gar nicht angezeigt. Das können andere besser.

Die Bedientasten der „Miniremote“ für die Unterstützung bieten bei Bosch kein gutes haptisches Feedback. Hier ist im Gerumpel schnell mal eine Stufe zu viel geschaltet. Auch das ginge besser.

Bosch Performance CX5 – Unterstützungsstufen

Im Gegensatz zum alten Levo gab und gibt es beim Bosch 4 Unterstüzungsstufen. Und das ist gut so! In der App lassen sich aus vielen vorprogrammierten Stufen vier auswählen. Ich wähle hier immer „dynamische Modi“, denn hier wird bei mehr Fahrerleistung die Motorpower automatisch erhöht was das Fahren sehr natürlich und dynamisch macht. Jeder Modus lässt sich dann noch individualisieren, und so hat es doch einige Kilometer gebraucht, um mein persönliches Unterstützungssetup zu finden. Meine Touren haben immer zwischen 1.500 und 2.000 Höhenmeter, alles hügelig oder bergig, kein Asphalt. Bergauf auf Schotter, breiteren Wegen und dazwischen immer wieder technische Uphills auf Wanderwegen. Hier mein aktuelles Setup:

  • Stufe1: Tour +
    Bei mir ist auch die erste Stufe relativ kräftig eingestellt, so nutze ich sie auch oft. Maximales Drehmoment und Leistung sind jedoch reduziert.
  • Stufe 2: eMTB
    Sobald es technischer wird oder steiler bergauf geht, fahre ich meist eMTB. (Der ist dynamisch ohne + im Namen) Hier unterstützt der höhere Nachlauf und bei Bedarf habe ich die volle Power. Dennoch schiebt einen der Motor nicht den Berg hinauf. Ideal auch zum langsamen technischen Klettern. Auch im ersten Gang.
  • Stufe 3: eMTB+
    Deutlich kräftiger in der Grundabstimmung und mit langem Nachlauf versehen ist der neue eMTB+ Modus ideal, wenn es steil und technisch ist. Hier fahre ich dann im zweiten Gang und nutze den Schwung für Schlüsselstellen. Die Dynamik habe ich für mehr Traktion zurückgedreht. Der eMTB+ fährt sich nicht so schön harmonisch wie die anderen Modi sondern „hackt“ etwas. Das liegt wahrscheinlich am langen Nachlauf, das Rad reagiert hier auf Pedaldruck sehr stark. Ein runder Tritt und eher weniger Trittfrequenz hilft.
  • Stufe 4: Turbo
    Ist die Steilauffahrt sehr lange, richtig steil und technisch anspruchsvoll, benötigt viel Schwung über einen längeren Zeitraum, dann ist Turbo die richtige Wahl. Hier unterstützt der Motor schon brutal und es geht anständig voran. Nutze ich selten, denn der Turbo benötigt viel Strom und den Berg hinaufschieben lassen möchte ich mich auch nicht.

Bosch Performance CX5 – Laden

Bisher kenne ich nur die Ladesyteme der älteren Spezialized Motoren. Der Ladeport war hier immer eine Schwachstelle. Beim Test des neuen Levos habe ich gesehen, dass beim 3.1er Motor der Anschluss perfekt gelöst ist. Und genau das ist auch beim Crafty der Fall. Der Deckel lässt sich zur Seite drehen und rastet dann wieder gut ein.
Die Ladedauer ist beim Bosch wie auch bei den alten Spezialized Motoren sehr lange, bis zu 7 Stunden. Die 840 WH Batterie im neuen 4er Levo war allerdings schon in 3,5 Stunden voll. Ohne Schnellladegerät wohlgemerkt. Dazu wird die Restladedauer Zeit angezeigt, sehr gut gelöst.
Mir persönlich ist die Ladezeit egal. Ich lade immer über Nacht und nie zwischen den Touren.

Fazit

In Summe ist der Wechsel auf ein neues E- Bike allein aufgrund der neuen Motorgeneration durchaus gerechtfertigt. Mehr Motorpower für richtige steile Auffahrten, größere Batterien für mehr Reichweite und Motornachlauf für Schlüsselstellen. Also eindeutig mehr und längerer Spass beim E-Biken. Egal ob Bosch oder Spezialized. Beiden gemein ist allerdings das im Vergleich zum DJI Avinox hohe Systemgewicht. (+0,5 kg  Bosch, +1,4 kg Spezialized) Auch was Leistungsdaten und Systemintegration angeht, geben die Chinesen derzeit die Richtung vor.  – Mondraker Crafty R – Alternative zum Spezialized Turbo Levo Gen4 ? –  Hier wird sich in den nächsten Jahren einiges tun. Aktuell ist die Auswahl an „Avinox“ E-Bikes noch klein. Aber der Motor ist ja nur ein Teil des Fahrspasses. Hier gehört ja noch viel mehr dazu und da hat das Mondraker Crafty R einiges zu bieten. Darum geht es dann im nächsten Blogbeitrag.