Nach zwei Jahren (2019+20) am Markt 2021 von der 890er abgelöst war 2024 das Wiedergeburtsjahr der KTM 790er Adventure. Diesmal allerdings nicht in Mattighofen, sondern in China bei Partner CF Moto gefertigt. Dem Preisdruck sei Dank. 2025 war dann auch das Comebackjahr für die 790er Adventure bei JentlFlow. – KTM 790 Adventure 2024/25 – First Impression –
Nach knapp 26.000 km 2019/20 auf der KTM 790 Adventure R – KTM Adventure 790R erste Eindrücke – und danach vier 890ern mit jährlich ca. 17.000 km kenne ich die Mittelklasse Adventure KTM recht gut. So war für mich interessant, wie sich der „neue“ 790er Motor im Vergleich zum 2019/20er und natürlich zum 890er fährt. Ebenso am Prüfstand die China Teile- und Fertigungsqualität. Hat der attraktive Preis einen Hacken? Nach 15.000 km auf der 2024er KTM 790 Adventure bin ich nun schlauer.
790 versus 890 – Unterschiedliche Motorcharakteristik
Rein von der Leistung her ist der Unterschied weniger spürbar, als es die Daten vermuten lassen. 10 PS und 13 Nm weniger hat die 790er. Satte 2-Zylinder Power haben beide Motoren. Die Befürchtung, dass Drehmomentwheelies mit 13 Nm schlechter gehen, hat sich – warum auch immer – nicht bewahrheitet. Vielleicht liegt es an der (im Vergleich zur 2019/20er 790er) höheren Schwungmasse und/oder fetteren Abstimmung? Egal, abgesehen von Kraft aus dem Drehzahlkeller besticht der China 790er Motor durch seidenweiches Ansprechverhalten und sehr geringer Neigung zum Absterben bei Schrittgeschwindigkeit. Hier ist er dem 890er sogar überlegen. Diese Geschmeidigkeit macht den 790er Motor aus meiner Sicht auch zum besseren Offroadmotor. Der Traktionsaufbau fällt leichter und auch Drifts lassen sich leichter kontrollieren. Dennoch ist genug Schmalz vorhanden, um das Vorderrad bei höheren Geschwindigkeiten mit Drehmoment über Wellen und Löcher zu heben.
Ich bin bei den JentlFlow Offroadtrainings immer wieder 890er zum Vergleich gefahren. Der größere Motor ist spürbar aggressiver und hat etwas mehr Druck aus der Mitte. Das ist er auf Schotter zwar spektakulär und auch spaßig, aber auch weniger effektiv. Will man bei der 790er mehr Spontanität, kann man im Rallymode auf den „Rallythrottle“ umstellen. Bei der 890er ist mir das zu viel des Guten. Nach dem Umstieg von der 890er habe ich dann auch öfter bei meiner 790er auf den „Rallythrottle“ geswitched. Nach einiger Zeit bin ich aber immer wieder zurück auf den „Streetthrottle“ gegangen. So fährt sich die 790er für mich geschmeidig, kontrollierbar, aber doch ausreichend spontan am Gas.
Die 790er hat den besseren Offroadmotor
Auf Asphalt wendet sich das Blatt. Die Mehrleistung der 890er lässt sich auf der Straße besser nutzen als Offroad. Der KTM 2-Zylinder besticht durch ein extrem breites nutzbares Drehzahlband. Kraftvoll aus dem Keller, aber auch drehfreudig bis in hohe Drehzahlen ist er ein echter Spassbringer. – KTM Adventure 790R – Motor und Bremsen im Offroadtest – Und das unabhängig ob 790 oder 890 ccm³! Allerdings ist die Mehrleistung des 890er Motors auf Asphalt spürbar und nutzbar, wenn man hart am Gas ist. So gesehen geht die Straßenwertung an den größeren Motor.
China versus Europaqualität – besser als gedacht
Nach dem ersten Teile- und Fertigungscheck beim Umbau – KTM 790 Adventure 2024/25 – First Impression – jetzt ein Resümee sieben Monate und 15.000 km später.
Klar, dass gespart wird, wo es geht. So sind doch einige Teile von Haptik und Optik her anders als bei der Österreich 890er. Und das meist schlechter. Auspuffendkappe, Luftfilterkasten, Luftfilter, Fußrastenträger, Kettenradträger, Plastikteile im Cockpit wirken billiger, aber nicht dramatisch. Funktional aber kein Problem bis auf die Plastikteile unter der Verkleidung, die sind nämlich nicht so elastisch und brechen gerne, da muss man beim Schrauben aufpassen. Beim Kettenradträger musste ich nacharbeiten, damit die Achse leicht durchgeht und das Ritzel konnte ich beim ersten Mal nur mit einem Abzieher entfernen. Gespart wurden auch die KTM Logos auf Sitzbank und Lenker, die offensichtlich aus China Fertigung kommen. Die Fächer unter der Seitenverkleidung hat man gleich ganz weggelassen und das Boardwerkzeug ist von billigster Qualität. Positiv dagegen, dass der Motorschutz die Krümmerabdeckung dabei hat und die Gabelbrücken die Tauchrohre nicht so fest klemmen wie bei der 890er. Viele Teile wie Tank, Fahrwerk, Schwinge, Verkleidungsteile, Fußrasten, Gepäckträger, Laufräder, Bremsanlage dürften noch von den bisherigen Lieferanten stammen. Die äußeren Motorteile schauen etwas anders aus, aber durchwegs wertig.
China-Qualität ist kein Deal Breaker
Den Zusammenbau und die Kabelverlegungen haben die Chinesen gut hinbekommen, hier gibt es keine Beanstandung. Der Motor klingt gleich (mechanisch laut) wie der 890er. Getriebe, Kupplung, Gas, Bremse, Bedieneinheit, Tacho, Elektronik – alles gleich wie bei der 890er. Hier spricht auch nach 15.000 km nichts gegen die 790er.
Fazit
Würde ich die 790er wiederkaufen? Ja, denn der kleinere Motor ist mit der neuen Abstimmung der bessere Offroadmotor. Er ist sanfter, feiner zu dosieren und weniger aggressiv. Daher ist es leichter, Traktion aufzubauen. Auch Einsteiger werden sich mit dieser Charakteristik leichter tun als mit der 890er. Dennoch hat er genug Drehmoment für sportliches Fahren, auch auf der Straße. Da wird auch Profis nicht so schnell fad.
Die Qualität einiger weniger Teile fällt im Vergleich zur 890er etwas ab, aber das ist kein Deal Braker. Außerdem wird hier sicher nachgebessert. 15.000 defektfreie Kilometer lassen auf eine gute Fertigungsqualität schließen.
Chinesischen Marken drängen mit durchwegs attraktiven Modellen auf den Adventurebikemarkt. Durch die China-Fertigung der KTM 790 Adventure bei KTM Partner CF-Moto kann KTM hier auch preislich gut mithalten.
Alles in allem also eine Kaufempfehlung von mir. Selbst werde ich 2026 wohl auch wieder eine KTM 790 Adventure bei meinen Jentlflow Fahrtechniktrainings fahren. Schade nur das es die 790er (noch) nicht als „R“ mit 24cm WP XPLOR Fahrwerk gibt. So muss man selber nachrüsten oder zur 890R greifen.
Coole Zusammenfassung!
Teile deine Eindrücke zu 100%. Als Tipp für Diejenigen die die Mehrleistung der 890er vermissen, baut den Rotweiler Luftfilterkasten ein und lasst Euer Steuergerät von Otto „aktualisieren“, dann hat die 790er mehr Power als die originale 890er. Habs bei meiner gemacht und und auf dem Leistungsprüfstand abgerollt und in der Kombi hat es Otto auch noch mal mit dem Remus Endtopf angepasst. Und wenn ich weniger Schub mag wechsle ich auf Offroad Mode am Gasgriff.
Danke für deine interessante Zusammenfassung Michael!
Euer Franky
#TransFORMbike
Danke für’s Kommentar Franky. Mit dem Rottweiler Filterkasten (schon ein paar Mal gefahren) schreit sie so laut unter der Sitzbank beim Gasgeben. Das muss einem auch taugen. Mehr Drehmoment für Wheelies war für mich nicht spürbar zur Serien 890er. Mich hindert der Lärm eher beim Gasgeben..:-) ECU Flash würde ich bei der 19/20er 790er machen, die war wirklich zu mager. Die China 790er läuft so fein; da wär’s wirklich nur wegen der Mehrleistung, falls man die unbedingt will.