Als JentlFow Offroad Fahrtechniktrainer hat man viele Vorteile. Einer davon ist es, Motorräder der Teilnehmer ausprobieren zu können. Und so bin ich in den letzten Jahren auch so gut wie alle Adventurebikes am Markt gefahren. Benchmark ist für mich meine KTM Adventure 790/890, mit der ich die letzten 6 Jahre unterwegs war. Jahr für Jahr weiter verbessert sind inzwischen 30 Tuningparts verbaut.  – KTM 790 Adventure – Jentlflow Offroad Tuning 2025 –

Meine Benchmark: KTM Adventure im JentlFlow Setup

China – neue Player im Adventurebikesegment?

Man kann dazu kontrovers stehen, Fakt ist jedoch das mit der CFMoto MT450 und Kove 800X zwei Bikes aus China neu am Markt sind, die Adventurebikerwünsche erfüllen, die europäische Hersteller zu leisten nicht im Stande sind. Konkret sind das Gewicht und Verkaufspreis. Bei der CFMoto MT 450  179 kg Leergewicht und unter 7.000,- . Bei der KOVE 800X 183 kg bei unter 10.000,- .

Die CFMoto zielt dabei mit „nur“42 PS auf Adventurebiker ab, die die üblichen 80-100 PS in diesem Segment einfach nicht brauchen. Also Einsteiger und sehr offroadaffine Fahrer. Trotz geringer Leistung ist sie mit geschmeidigem 2-Zylinder und auch von der Ausstattung her ein vollwertiges Adventurebike.

Die KOVE wiederum hat mit 96 PS die „volle“ Leistung, was sie auch für erfahrene Piloten interessant macht. Geringes Gewicht für Offroad Performance, viel Leistung (auch) für die Straße.

China Adventurebikes – Wo ist der Hacken?

Was Qualität und technisches Know-how betrifft, hat sich hier in den letzten Jahren einiges getan. (Kein Wunder, wenn europäischen Marken wie BMW und KTM in Fernost fertigen lassen). So wie meine in China bei CFMoto gefertigte KTM Adventure – 790 KTM 790 Adventure 2024/25 – First Impression – , gibt es auch bei der 450MT oder 800X keine offensichtlichen Qualitätsschwächen. Die Verarbeitung ist gut, auch Detaillösungen sind durchaus durchdacht. Natürlich gibt es Schwachstellen, aber die gibt es auch bei jedem europäischen Motorrad auch.

Interessant wird die Dauerhaltbarkeit. 20 kg leichter und billiger bauen, ohne an Haltbarkeit einzubüßen? Geht das? Beide Motorräder sind etwas kleiner und zierlicher gebaut als bekannte Zwei Zylinder Adventurebikes. Die (chinesischen) Fahrer im Marketing sind klein und leicht. Hält das auch +100 kg Fahrer auf Dauer aus?

Vertrieb und Serviceabwicklung sind aktuell noch große Schwachstellen der chinesischen Marken. Wobei CFMoto über ihre Quadhändler deutlich besser aufgestellt ist als Kove. Für schnelle technische Hilfe und Reklamationssupport braucht es ein breit aufgestelltes Händlernetz. Für mich persönlich entscheidend für den Kauf. Hier wird sich in den nächsten Jahren noch einiges tun.

Kove 800X Rally im JentlFlow Test

Eigentlich wäre schon die zivilere Kove 800X Pro der Gegenspieler zur KTM 890 Adventure R. 24 cm Federweg und sogar 1 cm mehr Bodenfreiheit, adventurebiketauglich ausgestattet, dabei ca. 15 kg leichter und unter 10.000,- . Das ist eine Ansage.

Die Kove 800X Rally geht voll in Richtung Offroad Performance. Für ein China Bike ist sie mit 12.990,- auch relativ teuer. Dafür bekommt man eine stabile 49 mm Gabel mit 27 cm, hinten 24 cm Federweg, wertige CNC gefräste Gabelbrücke, Lenkeraufnahme und Naben. Aber auch nur eine Bremsscheibe vorne, keine Beifahrerfußrasten, kein Gepäckträger. Damit ist sie deutlich radikaler und im Detail auch wertiger als eine KTM 890 Adventure R Rally, die allerdings über mehr Elektronik und alle Adventurebikefeatures verfügt. Und natürlich das High End WP Pro Components Fahrwerk. Dafür ist die KTM ca 20 kg schwerer und fast doppelt so teuer. Uff.

Reinhards Kove 800X Rally getuned und mit perfektem Setup

Ich bin beim JentlFlow Rallyfahrtechniktraining in Kroatien und in den Westalpen die Kove 800X Rally von JentlFlow Bosniarallyteamfahrer Reinhard gefahren. Nach vielen KTM’s, zuletzt auch einer 890er Rally, hat er den Versuch mit der Kove gewagt. Und bereut es bisher nicht. Gewicht und Preis-Leistungs-Verhältnis waren ausschlaggebend. Seine Kove 800X Rally hat eine getunte ECU (für besseres Ansprechverhalten), leichten Rallyauspuff mit DB Einsatz, aber ohne Kat verbaut. Damit eigentlich illegal und meiner Ansicht nach so zu laut für den Einsatz in bewohntem Gebiet, wenn man unbemerkt bleiben möchte.

Ohne Tuning geht es auch bei der Kove 800X Rally nicht.

Das Ergonomiesetup war mit niedrigem Lenker und perfekt eingestellten Hebeln super. So konnte ich sofort schnell fahren. Die Kove ist deutlich kleiner/kompakter als mein KTM Adventure. Ca 20 kg weniger Gewicht sind sofort spürbar. Das Bike ist superhandlich, man traut sich gleich mehr zu (Kurvenschräglage -technische Parts).

Es wirkt alles wertig und durchdacht, Kupplung sehr gut, Bremsen offroad perfekt, was Druckpunkt und Bremskraft betrifft.  Auf der Straße ist mit einer Scheibe vorne Gleiten statt Hetzen angesagt. Sportliches Reinbremsen in Kurven geht nicht, da fehlt die Power.

Das Fahrwerk ist mit vorne 27cm/hinten 24cm ist auf Niveau einer KTM Adventure R (WP Xplor) was Angesicht des Preises super ist. Mein WP Pro Components Fahrwerk spielt allerdings in einer andere Klasse. – KTM 890 Adventure R – Fahrwerksvergleich WP XPLOR versus XPLOR PRO –

Der Motor ist sehr gut, was die Power betrifft (KTM 790 Motorbasis in Lizenz), allerdings gibt es nur zwei Mappings und keine Möglichkeit, die Traktionskontrolle stufenweise einzustellen. Ein Problem, das viele China Bikes (noch) haben ist die Gasannahme. Mit der getunten Rally ECU geht das im ECO Mode sehr geschmeidig ans Gas. Perfekt für technisches Gelände. Mir allerdings zu wenig spritzig für flotteres fahren. Der Sport Mode wiederum hat Power wie meine 790er, allerdings ist er beim Gas auf-zu ruppig, ähnlich einer T7. Kein Vergleich zum geschmeidigen Ansprechverhalten einer KTM Adventure 790/890.

Mit der Ergonomie ist so eine Sache. Die Fußrasten sind mir viel zu weit vorne montiert (Sonst steht man am Auspuff mit den Fersen an). Stehend bergauf fällt es so schwer, sich nicht am Lenker anzuhalten. Bei der KTM Adventure hat man da sicher 10-15 cm mehr Platz. Je größer man ist, umso gravierender wirkt sich das aus. Idealerweise hat man die Statur eines Chinesen und ist deutlich unter 180 cm groß. Da passt dann auch die niedrige Sitzbank (Sitzhöhe 890 mm). Durch diese und den (im Vergleich zur KTM) hohen Tank sitzt man mehr im Motorrad drinnen und nicht so fahraktiv oben und weit vorne.

Fazit

Michael Jentl Bosnia Rally 2024Bei der Wahl des Bikes steht bei mir die Ergonomie an erster Stelle. Das ist auch mein Hauptargument für die KTM Adventure 790/890. Gerade der Platz zwischen Lenker und Fußrasten ist für mich ein Grund Adventurebike zu fahren. Die Kove 800X ist mir da zu kompakt. Das ca 20 kg niedrigere Gewicht ist dafür ein echter Gamechanger. Für technisches Gelände (wie die Red Bull Romaniacs Adventurebikeklasse) sicher die bessere Wahl, dann auch für große Fahrer. Der Kove Motor ist stark, hat aber nicht die Geschmeidigkeit und die Individualisierungsmöglichkeiten der KTM. Neben der Ergonomie ist die Lautstärke für mich ein Ausschlusskriterium. Hier müsste man die Kove im Legal Setup testen. Die KTM im Originalsetup ist leise, stark, bestens dosierbar. So muss das sein. Was Händlernetz, Service und Reklamationsabwicklung betrifft, gibt es noch einige Fragezeichen, ebenso was Haltbarkeit betrifft. Es muß doch einen Grund dafür geben, das alle europäischen Hersteller deutlich schwerer sind?
So oder so ist die Kove 800X (Pro und Rally) ein wirklich interessantes Bike, das vieles richtig macht. Vor allen, wenn man bedenkt, dass die 800er Koves erstes Adventurebike ist. Aktuell ist die Adventure KTM ausgereifter, besser abgestimmt, vielseitiger und hat die bessere Ergonomie, vor allen für große Fahrer. Jetzt noch 15 kg leichter und preislich attraktiv, das wär’s KTM!